Das „Hundert-Seelen-Dorf" Willershausen, heute zur Kernstadt Rosenthal zählend, wird 1279 erstmals urkundlich erwähnt. Als „Hausen"-Ort wird es aber schon zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert entstanden sein. Seit dem 14. Jahrhundert lassen sich Frankenberger geistliche Einrichtungen -allen voran das Kloster St.Georgenberg- als Eigentümer von Grundvermögen in Willershausen nachweisen. Doch wie aus Amtsbüchern zu entnehmen ist war Mitte des 16.Jahrhunderts Willershausen mit seinen Feld- und Waldfluren im Besitz der hessischen Landgrafen. Aehnlich wie der Hof Rodenbach für das Kloster St.Georgenberg in Frankenberg, bildete Willershausen als Ganzes einen landgräflichen Hof. 1574 liess der in Marburg regierende Landgraf Ludwig die Pächter des Hofes dafür tadeln, dass sie das eigentliche „Hofgelände" von 130 Morgen Acker „albereits zerrissen und unter sich getheilet" hätten. Teilverkäufe des Hofes führten mithin auch zu Umschichtungen der Besitzverhältnisse. Der Hof Willershausen wurde in der Regel immer wieder -besonders nach dem Tode eines Landgrafen- in seiner Gesamtheit verliehen. Allerdings wurden in den Lehnbriefen die Namen aller Lehnsnehmer einzeln aufgeführt. Spätestens mit Beginn des Dreissigjährigen Krieges 1618 scheint Willershausen seine eigenen Wege gegangen zu sein, denn nach 1602 wurde für viele Jahrzehnte keine Erneuerung der Lehen mehr vorgenommen.

Die Verwaltungsgrenzen im nördlichen Burgwald

Wenden wir uns nun der Verwaltungsgrenze im nördlichen Burgwald zwischen dem Amt Haina und dem Amt Wolkersdorf -zwischen den Orten Willershausen und Willersdorf- und dem Amt Frankenberg zu.
Pfarrer Dr.G. Hammann beschreibt in seiner Chronik „Willersdorf im Burgwald" die Hainaer Grenze wie folgt: „Die Hängsche Grenze auf ihrer Ostseite ist identisch mit dem Waldrand und der Wasserscheide. Jenseits derselben gehören die Waldungen dem Landes-Wohlfahrtsverband, der den geschlossenen Hainaer Klosterbesitz treuhänderisch zugunsten der Hospital-Insassen verwaltet. An dieser Grenze hatte „Heintz vonn Lutter seliger", der treue und fromme Hospital-Vorsteher des Landgrafen Philipp, „creutzbäume .. hawen unnd uffrichten las-sen". Schon 1533 waren „uff dem Diebspfade .. creutze .. gehauwen". Sie bezeichnen „des hospitals anewande" und waren „ein zirck oder mall, damit die furster wiesen mochten wo sie mit iren pfen(r)den wenden sollten.
Es scheint also, dass die jetzige „Hängsche"Grenze sogleich nach dem Uebergang des Klosters an die Land-grafen gezogen und durch Malbäume festgelegt wurde. Da es später wiederholt zu Grenzstreitigkeiten zwischen dem Hospital Haina und der Grafschaft Waldeck kam, wurde die dortige Grenze bis 1744 vermessen und versteint. In Fortsetzung dessen wurden dann auch um 1775 Steine entlang der Grenze zwischen dem Hospital und dem Amt Frankenberg gesetzt. Sie markieren nach einer wechselvollen und langen Geschichte noch immer die alte „politische Grenze" zwischen den Grafschaften Ziegenhain und Battenberg."

Interessant ist aus dem Salbuch von 1591 die Bemerkung der Stadt Rosenthal, früher auch den Bezirk vom Frankenberger Weg nach den „Linden" (Linnmühle), dann an der Willersdorfer Feldmark entlang bis zum "Bechtoldshain", den „Diebspfad" entlang nach dem „Eckartsgrund" und nach Niederholzhausen zu bis an den Holzbach vor der Erbauung des Dorfes Niederholzhausen beforstet habe. 1536 sei aber dieser Bezirk bis an die Linie Holzhäuser Weg (östlich von Willershausen), „Hertal" entzogen und zu den Aemtern Wolkersdorf und Haina geschlagen worden - natürlich nur in forstlicher Beziehung. Denn als Amt reichte ja Haina nicht bis an die Stadt Rosenthal.
Das Wolkersdorfer Salbuch von 1571 bestimmt die Amtsgrenze gegen die Gemeinden Rosenthal, Lehnhausen, Oberholzhausen und Römershausen, also die ganze West- und Nordgrenze des Amtes Rosenthal. Hier finden sich ab Willershausen Flurbezeichnungen wieder wie: „Griebensack", „Eckartsgrund", „Diebespfad" und Haubernsche Feldmarkgrenze. Der Frankenberger Grenzzug von 1612 und die Wolkersdorfer Amtsbeschreibung vom 12. Juni 1648 bestätigen diese Linie.

Die Verordnung des Kurfürsten Wilhelm II. vom 29. Juni 1821, die Umbildung der bisherigen Staatsverwaltung betreffend, brachte eine grundlegende Aenderung: „Nach preussischem Vorbild wurde die Kreiseinteilung durchgeführt". Der neue Kreis Frankenberg erwuchs aus den beiden Justizämtern Frankenberg und Rosenthal mit Haina. In der Folgezeit ergaben sich noch weitere Aenderungen bei den Justizämtern bis Preussen 1866 den Kreis Frankenberg unverändert übernahm. Es kam lediglich die Herrschaft Itter von Darmstadt hinzu.

„Staunen weckt das Nachforschen und bringt über das Erforschte weiteres Staunen"

Viele historische Grenzsteine sind bis in unsere Zeit hinein erhalten geblieben, wobei der Erhaltungszustand sehr unterschiedlich sein kann. Der zuvor beschriebene Grenzabschnitt zwischen den ehemaligen Aemtern Haina und Wolkersdorf (heute Burgwald) führt uns zu zahlreichen alten Grenzsteinen mit einem profilierten hessischen Löwen auf der Steinvorderseite. Auf der Rückseite sind das eingemeisselte HH (Hospital Haina) und auf einigen Steinen die Jahreszahlen 1771, 1777, 1795, 1819 und 1826 zu erkennen.
Historische Zusammenhänge beschrieben und deren zeitliche Einordnung machen es verständlich, was uns diese steinernen Zeugen der Vergangenheit heute noch erzählen können. So sind Wandervorschläge für „Themenwege" ein geeignetes Mittel um diese Jahrhunderte alten Zeitzeugen aufzusuchen und zu bestaunen.

Willersdorf wird erstmals 1294 in einer Urkunde von Kloster Haina genannt. Doch auf seinen Ortsnamen bezogen lassen Vermutungen den Schluss zu, dass der Ort schon im 8. oder 9. Jahrhundert entstanden sein muss. Willersdorf liegt im nördlichen Burgwald und hat in seiner Gemarkung mit Knebelsrod (443 m NN) die höchste Erhebung des gesamten Burgwaldes vorzuweisen. An diesem Punkt verläuft auch die Wasserscheide von Rhein und Weser. Fünf vorgeschichtliche Höhenwege gingen einst vom Knebelsrod aus, die später auch von christlichen Missionaren genutzt wurden. An diesen Wegen entstanden u.a. die Bergkirchen Christenberg, Espenkirche, Quernstkirche und Forstenkirche. Von der Aussichtsplattform ist der Ort Willersdorf im Süden, das Lützelgebirge und die Sackpfeife im Südwesten und das hessische Upland im Norden zu sehen.

Eng verbunden waren die „Frei von Linne" mit Willersdorf und seiner Geschichte. Nach Feststellung von Dr. Hammann, kam um 1200 Rudolf von Linne als „freier Ritter" von der unteren Lahn in den Burgwald. Die von Linne hatten Rechte und Einkünfte vornehmlich nach Südwesten hin, aber auch zahlreiche Besitzungen in Willersdorf, Kaltenbach, in Bottendorf, Wolkersdorf und Nemphegrund. 1389 übereigneten die Linnes ihren Besitz an Landgraf Hermann, erhalten ihn aber zum Lehen wieder zurück. Der Abstieg der Familie „Frei von Linne" beginnt. Um 1500 ist die Familie ganz verschwunden beziehungsweise wurde sie bürgerlich. Grössere Beachtung in der Region finden die Landgrafen von Hessen ab 1479 mit dem Bau des Wasserschlösschens in Wolkersdorf. Von nun an wurden die Willersdorfer auch mit den hessischen Landgrafen konfrontiert. Das von den Landgrafen eingerichtete Forstamt in Willersdorf wurde um 1770 nach etwa 270 Jahren nach Wolkersdorf verlegt.
Die grossen Handelsstrassen von Köln und Siegen nach Niedersachsen und ins nördliche Thüringen und die alte Fernstrasse von Frankfurt nach Bremen kreuzten sich südlich der Stadt Frankenberg und liessen die Stadt und die nahe Region rasch aufblühen. Seit 1250 gingen die Willersdorfer nun oft auf dem „Stood-Wääg" nach Frankenberg. Hier konnten sie Güter erwerben, die es in ihrem Walddorf nicht gab. Entlang der Hainschen Grenze, östlich von Willersdorf, verlief im Mittelalter die Fernstrasse Siegen - Fritzlar.


Bericht erstellt von:
Helmuth Vaupel und Günther Klingelhöfer -vom Verein für naturnahe Erholung e.V. Rosenthal-

Quellenangaben:
Der Kreis Frankenberg -Geschichte seiner Gerichte und Aemter von 1928-
Willershausen im Burgwald - Chronik 1279 - 2004 - von Dr.Ulrich Stoehr und Karl Trust von 2004
Willersdorf im Burgwald - seine Geschichte in 1150 Jahren - von Pfarrer Dr.G. Hammann von 1971

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