Exkursion zu historischen Grenzsteinen des ehemaligen Deutschordenshofs Merzhausen.
Zu noch vorhandenen Grenzmarken des ehemaligen Deutschordenshofs Merzhausen hat Helmuth Vaupel, Obmann für historische Grenzsteine um Rosenthal, Frau Prof. Dr.Ursula Braasch - Schwersmann vom Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde in Marburg geführt. Die aufgesuchten Grenzsteine markierten einst die Außengrenze des Ordenshofs Merzhausen, der zur Niederlassung der Deutschherren in Marburg gehörte. Vor den Toren der Stadt an der Lahn hatte die geistliche Gemeinschaft, die Ende des 12.Jahrhunderts im Zusammenhang mit den Kreuzzügen zur Versorgung kranken Pilger und verwundeter deutschsprachiger Kriegsteilnehmer im Heiligen Land entstanden war, 1234 das Grabmal der soeben heiliggesprochenen Landgräfin Elisabeth von Thüringen und das von ihr gegründete kleine Franziskushospital bei Marburg übernommen. Innerhalb weniger Jahrzehnte entwickelte sich aus dieser - personell wie materiell - gut ausgestatteten Einrichtung ein neuer, als Ballei bezeichneter und von einem Landkomtur geführter organisatorischer Mittelpunkt im Reich, dem auch durch Schenkungen und Kauf erworbene Besitzungen in Merzhausen angeschlossen wurden. 1256 überließ Graf Berthold von Ziegenhain dem Deutschen Orden seine Güter in Merzhausen mit allem Zubehör. Bereits 1261 läßt sich ein von Mitgliedern des Marburger Konvents geführter Gutsbetrieb fassen. Durch die Auflösung geistlicher Besitzungen im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses verlor der Deutsche Orden 1809 seine Güter in der Ballei Hessen. Der Waldbesitz wurde Staatswald, das Hofgut Merzhausen in Erbleihe gegeben und dem Ortsverband Rosenthal eingegliedert. Das einstige Ordenshaus der Brüder aus Marburg wurde abgerissen und durch ein Wirtschaftsgebäude (später Forsthaus") 1836 von dem damaligen Gutsbesitzer Löwer ersetzt, jedoch nicht auf den Grundmauern des damaligen Ordenshauses erbaut. Nach der Bauernbefreiung ging das Gut 1832/48 in Privatbesitz als freies Eigentum über. 1880 wurde es dem Forstfiskus verkauft, der die Anlage als Forsthof nutzte. Am 17.04.1888 schied Merzhausen aus dem Ortsverband Rosenthal aus und wurde dem Gutsbezirk Oberförsterei Bracht und damit dem Kreis Marburg zugeschlagen. Heute befindet sich der Gebäudekomplex in Privatbesitz und wurde sorgfältig renoviert.
Etwa 60 Grenzsteine sind auf der Karte des Teutschen Freijen Ordens Hoffs Mertzhausen" verzeichnet. Die von Geometer Hermann Rudolphi im Jahr 1700 aufgenommene farbige Handzeichnung, die sich heute im Hessischen Staatsarchiv Marburg befindet, zeigt durch Grenzlinien den scharf abgegrenzten Bereich von Hof Merzhausen und dem zugehörigen Mönchwald. Nur insgesamt 24 kulturhistorische Grenzmarken sind heute noch in überwiegend guterhaltenem Zustand anzutreffen, einige von ihnen wurden vom Forst in der Folgezeit zu Abteilungssteinen (Distriktsteinen) umfunktioniert. Leider sind die aus dem 18.Jahrhundert stammenden Grenzsteine aber nur noch an der ehemaligen West-, Ost- und Nordgrenze anzutreffen. Die Südgrenze kennt neben dem klobigen Stein Nummer 40 keine weiteren Grenzmarken des ehemaligen Ordenshofs. Wann und zu welcher Zeit diese Steine entfernt wurden, ist unklar. Alle Grenzmarken haben einen gewölbten Kopf. Die im Mönchwald anzutreffenden Grenzsteine tragen eine eingemeißelte Nummer, die Jahreszahl 1736, das Deutsche Ordenskreuz und den Buchstaben H = für Landgrafschaft Hessen. Bei den entlang der Nordgrenze (heute Kreis- und Gemarkungsgrenze) stehenden Grenzmalen sind die Steinnummern in Farbe aufgetragen. Neben dem eingemeißelten R = Rosenthal, tragen diese Grenzsteine auf der Steingegenseite ein eingemeißeltes M = Marburg / Merzhausen oder ein H = Landgrafschaft Hessen, verbunden mit gemeißelten Ordenskreuze unterschiedlicher Epochen. Prof.Braasch - Schwersmann, heute Leiterin des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde, hat ihre 1989 erschienene Doktorarbeit über das Deutschordenshaus Marburg im späten Mittelalter" geschrieben. Darin liegt auch das nachhaltig große Interesse der Historikerin begründet, vor Ort Zeugnisse des Deutschen Ordens in Augenschein zu nehmen. Sie war erstaunt über die noch vorgefundenen und gut erhaltenen jahrhunderte alten Grenzmarken des ehemaligen Ordenshofs. Neben den historischen Grenzsteinen von 1736 konnte noch ein weiteres herausragendes kulturhistorisches Zeugnis mit dem Wappen des Landkomturs Johann von Rehen auf dem gotischen Türsturz über dem Tor zu einem gewölbten Vorratsraum der Ordensbrüder eingesehen werden. Dies hatte der Besitzer des Areals, Herr Werner Guntermann, den interessierten Gästen freundlicherweise ermöglicht. Der Wappenstein mit der eingemeißelten Jahreszahl von 1551 und den Initialen des Landcomturs -J-V-R-L-C-(Johann von Rehen, Landcomtur, war ab 1545 Leiter der Ballei Hessen), gehören zu den letzten baulichen Spuren die auf das Leben der ehemaligen Ordens - Kastnerei Merzhausen hinweisen. Prof. Braasch - Schwersmann gab ergänzende Erläuterungen zum Wappenstein und der Bauweise des Gewölbes im Mittelalter. Für seine Obmanntätigkeit und zur Planung der Historischen Grenzsteinwege um Rosenthal" fand Helmuth Vaupel große Unterstützung bei der Landeshistorikerin, aber auch durch ihre Hinweise auf schriftliche Überlieferungen im Hessischen Staatsarchiv Marburg sowie auf das Museum für Kunst und Kulturgeschichte. Prof.Braasch - Schwersmann wird die Unterstützung der Bemühungen um das kulturelle Erbe in Hessen auch weiter fördern.
Im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit hat Vaupel die historischen Grenzsteine aufgespürt und in einer Dokumentation dem Amt für Bodenmanagement in Marburg übergeben. Die Standorte der Grenzmarken im Mönchwald sind auch vom Amt für Bodenmanagement Marburg mittels GPS - Verfahren vermessen worden und werden nun auf moderne topografische Karten übertragen. Es ist schön die Erfahrung zu machen, daß immer wieder Altes neu entdeckt wird. Vaupel bezieht dies auf die jahrhunderte alten Grenzsteine im Mönchwald und die damit verbundene lokale Geschichte. Seine Idee, historische Grenzsteinwege einzurichten und diese in das bestehende Rundwanderwegenetz um Rosenthal zu integrieren, zeigt schon jetzt den gewünschten Erfolg.
Die Projektplanung beinhaltet den Historischen Rosenthaler Grenzsteinweg Süd" und den Historischen Rosenthaler Grenzsteinweg Nord - Ost". Über die kulturhistorischen Grenzwege und ihrer lokalen Geschichte wird auf Tafeln an der Wegstrecke informiert. Hier sind auch Rastmöglichkeiten vorgesehen. Grenzsteinwege, so Vaupel, sind in der Burgwaldregion eine absolute Neuheit. Diese kulturhistorischen Wanderwege werden mit dem Ausbau des sanften Tourismus" eine echte Bereicherung für die Region darstellen. Hierzu wurde gemeinsam mit dem Magistrat der Stadt Rosenthal ein Förderantrag an den Landrat des Landkreises Waldeck-Frankenberg gerichtet, um für das Projekt finanzielle Unterstützung im Rahmen der Strukturprogramme zu erhalten.
Fazit zu diesem kulturhistorischen Streifzug: Ein gelungener Tag mit viel Informationsaustausch, wofür sich Helmuth Vaupel bei Prof. Braasch - Schwersmann herzlich bedankte. Für die Zukunft sind weitere gemeinsame Exkursionen zu historischen Grenzsteinen um Rosenthal geplant. Auch an einem Informationsabend in der Seegerteichhütte zu den in Planung befindlichen historischen Grenzsteinwegen um Rosentahl, wird die Professorin aus Marburg gern teilnehmen und über die Ordensprovinz Hessen und seinen Ordenshof Merzhausen referieren.
Helmuth Vaupel
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