Grenzsteine und ihre Geschichte am Beispiel der Historischen Grenzkarte von 1741 zwischen dem Rosenthaler Stadtwald und Stiftungsforsten Kloster Haina
Grenzsteine sind wichtige Zeugnisse für die früheren deutschen Kleinstaaten und deren Landesherren, sowie für die Klöster und Stifte und machen die unterschiedlichen Phasen der geschichtlichen Entwicklung vom Mittelalter bis ins 19.Jahrhundert besonders anschaulich. Grenzen gibt es schon seit alten Zeiten, wie die Chinesische Mauer", deren Ursprung bis in das 6.Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung zurückreicht. Zunächst waren es aufgeworfene Erdwälle, wie uns die Römische Grenzbefestigung Limes" zwischen Rhein und Donau zeigt, wenn natürliche Merkmale nicht vorhanden waren. Künstlich geschaffene Gräben und Wälle haben vereinzelt noch bis in unsere Zeit überlebt. Solche Strukturen sind auch noch in Ansätzen in den Waldfluren entlang den Grenzsteinwanderwegen um Rosenthal zu erkennen. Bestimmend für einen Grenzverlauf waren einst markante Punkte im Gelände, wie Felsblöcke, Steinbrüche, Baumstümpfe, oder auch Wasserläufe. Einzelne Bäume dienten ebenso als Markierungsmale und durften nicht beschädigt oder umgehauen werden. In der Waldordnung wurden schwere Strafen für solch einen Frevel angedroht. Alte Grenzsteine können auch Zeugen der Territorialgeschichte sein. Im Raum Rosenthal kennt der Burgwald aber keine historischen Landesgrenzen, wie dies beispielsweise zwischen den ehemaligen Landgrafschaften Hessen Kassel (HC) und Hessen Darmstadt (HD) westlich des Burgwaldes Bestand hatte. Aus dieser Zeit sind heute noch zwischen Wollmar, Berghofen und Rennertehausen historische Grenzsteine aus dem Jahr 1650 anzutreffen. Im Burgwald sind es Grenzen die die Funktion von Gemarkungs-, Wald- und Kreisgrenzen haben. Buchstaben, Ziffern und Zeichen sind den Grenzmarken zu entnehmen. Wer diese Markierungen zu lesen versteht, dem öffnet sich der Blick für die Geschichte der engeren Heimat. Jahreszahlen geben über das Jahr der Steinsetzung Auskunft, in Stein gemeißelte Zeichen weisen auf die beiderseitigen Grenzanrainern hin. Auf zahlreichen Grenzsteinen finden wir die Anfangsbuchstaben des Ortes Ro = Rosenthal eingekerbt und HH = Hohes Hospital Haina sowie G = für Gemünden. Der nördliche Grenzabschnitt zwischen Stiftungsforsten Kloster Haina und Hessenforst Burgwald, führt uns zu zahlreichen Steinen mit dem profilierten Hessischen Löwen, der bei machen Grenzmarken sogar auf der Steinvorder- und Rückseite eingemeißelt wurde. Gut einzusehen sind auf den Steinen die Zeichen HH (Hohes Hospital), H (Haina) und Wf (Willersdorf) sowie die Jahreszahlen 1777, 1795, 1819 und 1825, die den nördlichen Grenzabschnitt säumen. Diese Merkmale sind den Hintergrund-Informationen auf Tafeln entlang des Grenzsteinweges Nord-Ost zu entnehmen. Historische Zusammenhänge beschrieben und deren zeitliche Einordnung machen es verständlich, was uns die steinernen Zeugen der Vergangenheit heute noch erzählen können. Aus geschichtlichen, künstlerischen und wissenschaftlichen Gründen ist es geboten diese steinernen Zeugen der Vergangenheit besonders zu schützen. Hierzu ist eine Erfassung und fachgerechte Dokumentation für die Denkmaltopographien des Landes Hessen erforderlich. Unterstützend wirken hier ehrenamtlich tätige Obleute in Hessen mit und führen die Erfassung alter Grenzmarken durch. Stiftungsforsten Kloster Haina hat neben jedem Grenzstein vom Böddeberg" bis Dreiländerstein" eine rote Schneestangen gesetzt. Damit sollen insbesondere Fahrer beim Einsatz großer Fahrzeugen bei der Waldbewirtschaftung zur Aufmerksamkeit angeregt werden. Der Obmann für historische Grenzsteine um Rosenthal hat diese Sicherheitsmaßnahme für die Genzmale des Grenzsteinwanderweges Süd auch gern übernommen. An den Schneestangen ist auch die Beschilderung der Wanderwege angebracht. Eine herausragende Informationsquelle für den Rosenthaler Grenzsteinwanderweg Nord-Ost" ist die historische Grenzkarte aus dem Jahr 1741, die noch bis in unsere Zeit den Treppenaufgang im Rosenthaler Rathaus ziert. Wo der Wanderweg die Sehlener Straße quert sind der Informationstafel die Abmarkung der Grenze und weitere Hinweise mit zahlreichen Fotos zu entnehmen. Auf Vermessungs- und Versteinungsarbeiten des Jahres 1741 macht uns diese Grenzkarte aufmerksam. Sie gibt Aufschluß über den Grenzverlauf und zu den im frühen 18.Jahrhundert gesetzten Markierungssteinen mit ihren eingemeißelten Symbolen. 38 Grenzsteine sind auf der Karte mit fortlaufenden Nummern und Richtungsangaben zu sehen, sie markieren die Rosenthaler Stadtwaldgrenze zu Stiftungsforsten Kloster Haina. Diese zum Teil noch gut erhaltenen Grenzmarken tragen auf der Steinkopfseite eine eingemeißelte Nummer, einige auch das Jahr der Steinsetzung 1735, 1741 und 1826 unter der Meißelung Ro. Die Platzierungen der Grenzsteine sind auf der historischen Karte leicht nachzuvollziehen. Neben der eingezeichneten Grenzführung beinhaltet die Karte im unteren Abschnitt die Grenzsteinnummern mit Winkel- und Entfernungsangaben zu dem nächsten Stein in aufsteigender Nummernfolge von 1" bis 38". So sind noch Ruthe (1 Rute = 3,77 m) und Casseler Schuh (1 Schuh = 0,3139 m) als Längenmaße auf der historischen Karte von 1741 vermerkt. Die von Gebiet zu Gebiet verschiedenen Maßeinheiten wurden durch das metrische System in Deutschland in den Jahren 1870 bis 1872 abgelöst.
Der winkelig gehauene große Grenzstein unweit des Niederholzhäuserweges trägt auf der Rosenthaler Stadtwaldseite die Inschrift Ro" und auf der Kopfseite des Steins eine 1" (erster Grenzstein auf der historischen Karte). Auf der Steingegenseite ist HH" (Hohes Hospital Haina) und 41" in den Stein geschlagen. Die in späterer Zeit eingemeißelte Zahlenfolge 41-89 ist auf diesem Grenzabschnitt auf den Grenzmarken bis Dreiländerstein" gut zu erkennen. Am Dreiländerstein treffen sternförmig die Waldgrenzen der Stadt Rosenthal (Ro), der Stadt Gemünden (G) und Stiftungsforsten Kloster Haina (HH) aufeinander. Die Benennung Dreimärker" wäre auch für diesen Grenzstein zutreffend. Einige historische Steine sind zweifellos entfernt worden oder in dem sumpfigen Boden versunken. An anderen Stellen wo früher Steine gestanden haben müssen, wurden neue Abteilungs- und Grenzsteine aufgestellt. So treffen wir auf historische Grenzmale mit vereinzelt kunstvoll gemeißelten Symbolen, wie Ro" für Rosenthal und HH" für Hohes Hospital Haina. Die Jahreszahlen sind immer unterhalb der Symbole Ro" zu erkennen und weisen auf das Jahr der Steinsetzung hin. Im 19.Jahrhundert wurde für den Grenzabschnitt auf Hainaer Seite eine gemeißelte Neunummerierung auf den Grenzsteinen von der Höhe Böddeberg" bis Dreiländerstein" mit der Zahlenfolge 1 - 89 durch Stiftungsforsten Kloster Haina vorgenommen. Die Grenze hat heute noch die Funktion einer Waldgrenze. Es gibt dort Abteilungs-, Grenz- beziehungsweise Gemarkungssteine und Trigonometrische Punkte.
Auszug aus der Grenzbeschreibung des Jahres 1571 zur Forstgrenze der Ämter Rosenthal und Haina in mittelalterlichen Deutsch.
Von der Heiderichs wiesen den bergk hinnan durch das kleine Hegeholtz uber und gehet nun das Ampt Rosentall ahn; uber und neben der Drockenbach hinnan, uff dem rucke den weg hinnaus biss ahn das dicke drisch, wie die beume verzeichnet sein, uff dem Herwege uff dem hochsten hinnaus biss an den Viereckichten Struch, und sollen die uffworff und gezeichnete beum ein richtung und anwandt des forstes sein eines jeden orts, und kein theill uber die selbigen hauwen; wurt aber der bezeichnete beum einer abgehauwen, oder die uffwurff von imants beschedicht wurdt, sollen die selben solichs meinem g.f. und hern mit zehen gulden verbeussen und verfallen sein. Dis sol alle jar zu den ungebottenn dingen gelesen werden, und sollen auch die uffwurff jedes orts von den forsters besichtigt werden und, wo es von notten sein wirt, wiederumb erneuwert werden.
Originaltext Situations-Riss:
Über die zwischen dem Hohen Hospital HAINA und der Stadt ROSENTHAL befindlichen Waldgräntze welcher gestalt selbige im Monath Junio 1741 von beyden theilen reguliret und abgesteinet, sodann mit 14 Schuiger Cassell. Ruthe von Stein zu Stein gemessen und nach beygefügtem Maastab in diesem Riss gebracht worden, durch Jacob Petzsch, Herrschaftlicher Landmeßer." Siegel und Unterschriften unter anderen; W.von Urff -Samtobervorsteher für deren hohen Hospitalien Hessen- und Stieglitz -Rentmeister von Rosenthal-.
Helmuth Vaupel
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