Der Burgwald - historisch und wanderbar

Das märchenhafte Waldareal

Seine märchenhaft tiefen Wälder, seine typische Mischwaldkultur auf Buntsandstein, seine unterschiedlichsten Biotope sowie die geologischen und geschichtlichen Zeugen bieten ein Wanderparadies für alle, die abseits von grossen Touristenströmen im Burgwald bei Wanderungen und Spaziergängen Ruhe und Entspannung suchen. Er ist eine Oase für Naturliebhaber, ein Betätigungsfeld für Freizeitsportler wie: Nordic - Walker, Radfahrer und Reiter. Seine unter Naturschutz gestellten Flächen sind eine Fundgrube für Biologen, Botaniker und Ornithologen. Dunkle Wälder, Geschichten und Sagen die sich um alte Kultstätten ranken, oder von Riesen und Wichteln handeln, inspirieren Märchenerzähler. Historische Stätte sind auch heute noch Anlaufziele für Wanderer und Burgwald - Kenner.

Seine Lage und Flächengrösse

Der Burgwald zählt zu den hessischen Mittelgebirgen. Mit einer Fläche von rund 200 Quadratkilometern ist er eines der grössten geschlossenen Waldgebiete Hessens. Die Namensherkunft ist unbekannt. Nach einer Theorie leitet sich der Name von den zahlreich vor- und frühgeschichtlichen Burgen ab, die auch zugleich Fliehburg - Stätte waren, wie die Kesterburg (Christenberg / Keltische Siedlung), Burg Mellnau, Weisselsburg, Hundsburg, Tauschenburg, Wolfsburg, Dachsburg, Lüneburg, Lützelburg, Ruhnsburg, Stirnhelle, Gerlachsberg und die Eibenhardt. Auch die ehemaligen Schlösser in Rauschenberg, Schönstadt und Wolkersdorf sind hier erwähnt.
Der Burgwald befindet sich in den Landkreisen Waldeck - Frankenberg und Marburg - Biedenkopf. Er dehnt sich zwischen Wetschaft und Wohra, Lahn, Ohm und Eder aus. Südöstlich schliesst er an den Kellerwald an. Er wird von folgenden Orten eingerahmt: Frankenberg im Norden, Haina, Gemünden und Wohratal im Osten, Rauschenberg im Südosten, Cölbe im Süden, Wetter im Südwesten und Münchhausen sowie Battenberg im Westen. Innerhalb des waldreichen Mittelgebirges liegen die Orte Burgwald, Rosenthal, Roda und Bracht.

Buntsandstein aus dem Erdzeitalter Trias

Aus Buntsandstein besteht der Burgwald. Im Erdzeitalter Trias vor etwa 220 Millionen Jahren, lagerten sich Sedimente aus dem Rheinischen Schiefergebirge in das südlich davon gelegene Germanische Becken ab. Es entstand eine bis zu 421 Meter hohe Buntsandsteinplatte, die in mehrere Stücken zerbrach, als das Gebiet eine tektonische Anhebung erfuhr. Diese Stücke wurden dann zu mässig hohe Rücken, zwischen denen sich tiefe Erosionstäler hinziehen. Der Buntsandstein wird von einigen Basaltmassen durchbrochen, wie dem grossen und kleinen „Badenstein" an den „Franzosenwiesen". Dies ist eine geologische Besonderheit im Burgwald. Die Erhebungen der bereits abgetragenen Basaltsteinbrüche sind noch deutlich zu erkennen, wobei der „Grosse Badenstein" mit seiner vulkanischen Vergangenheit einem Krater gleicht. Die Bezeichnung „Baden" entstammt einem althessischen Wort und bedeutet „nützen" oder „helfen".
Dem Protokoll der Stadt Rosenthal von 1722 ist zu entnehmen, dass Zweihundert Wagen Steine zur Ausbesserung des Strassenbelages für die Stadt Rosenthal vom Badenstein abgefahren wurden. Seit dem Jahre 1830 wurden dort keine Basaltsteine mehr gebrochen. Blaubasaltsteinpflaster vom Badenstein sind in den Städten Rosenthal und Wetter noch heute anzutreffen.
Nördlich geht der Burgwald in das Frankenberger Hochland über, wo wir auch die höchste Erhebung mit Knebelsrod ( 443 m NN) antreffen. Nordwestlich verbindet ihn ein niedriger schmaler Rücken mit dem Lützelgebirge, das schon zum Rothaargebirge gehört. Die im Burgwald entspringenden Bäche Bentreff und Wadenbach fliessen zur Wohra, das Rote Wasser zur Ohm, Rosphe und Wetschaft zur Lahn. Wegen der nahen Rhein - Weser - Wasserscheide fliessen nur kleine Bäche zur Eder, wie die Nemphe bei Frankenberg.

Die klimatischen Besonderheiten

Das Klima im Burgwald ist deutlich kälter als im angrenzenden Umland. Der Burgwald liegt im Windschatten des bis 800 Meter hohen Rothaargebirges, das ein Teil der milden Westwinde abfängt. Insbesondere im Zentrum des Burgwaldes, den Franzosenwiesen, entsteht in vielen Nächten ein Kaltluftsee. Das dort vorhandene Torfmoos speichert viel Wasser und bewirkt eine starke Verdunstungskälte. Die kalte Luft sinkt ab und kann die Täler nicht mehr verlassen. Der sich bildende Kaltluftsee wirkt im Burgwald wie ein natürliches Kühlsystem. Im Sommer kann der Temperaturunterschied im Tagesverlauf bis zu 30 Grad Celsius betragen. Die durchschnittlichen Jahresniederschläge in der Region liegen bei 700 mm und damit deutlich unter den Niederschlagsmengen der angrenzenden Mittelgebirge. Auf den Franzosenwiesen ( 303 m ü.NN ) werden nur 535 mm Niederschlag erreicht. Insgesamt ist das Klima des Burgwaldes mit seinen relativ geringen Niederschlägen und grösseren Temperaturgegensätzen deutlich kontinentaler als in den umliegenden Regionen. Dies ergaben Langzeitmessungen der Universität Marburg.
Diese klimatischen Verhältnisse sorgen in den „Franzosenwiesen" für eine ökologische Besonderheit in der Region Burgwald. Hier gedeihen Pflanzen die eigentlich gar nicht hierher gehören. Dieses Gebiet von landesweiter und nationaler Bedeutung mit einer Flächengrösse von 115 Hektar, wurde 1987 als Naturschutzgebiet „Franzosenwiesen / Rotes Wasser" ausgewiesen. Es ist ein wichtiger Biotopkomplex im Verbundkonzept Burgwald, bestehend aus Feuchtwiesen, Moorbereichen, naturnahen Bachläufen mit angrenzenden Mischwaldungen und Stillgewässern. Hier sind eine grosse Zahl landes- und bundesweit gefährdeter Pflanzen und Tierarten anzutreffen. Neben dem grössflächigen NSG Franzosenwiesen / Rotes Wasser" gibt es im Burgwald weitere unter Schutz gestellte Waldkomplexe die mit ihren Feuchtwiesen und Stillgewässern sowie seltenen Pflanzen und Tieren zu den kleineren Naturschutzgebieten des Waldareals zählen. Auch Bannwald, der Urwald von morgen, gehört mit seiner strengen Form des Schutzwaldes zu diesem Komplex.

Die Brücher ein Hochmoor -
Teilnutzung durch hugenottische Siedler


Bis zum 18.Jahrhundert war das damals als die Brücher bezeichnete Gebiet ein Hochmoor. Im Jahr 1725 überliess Landgraf Karl es hugenottischen Siedlern aus Schwabendorf zur Nutzung. Im westlichen Teil der seitdem so genannten Franzosenwiesen ist das Moor erhalten geblieben. Der östliche Teil wurde entwässert und als Heuwiesen genutzt. Als Folge der Aufhebung der feudalen Vorrechte in der Landgrafschaft Hessen - Kassel werden die Franzosenwiesen ab 1848 Allodialbesitz der schwabendorfer Landwirte.

Die Besiedlung des westlichen Burgwaldes

Das westlich vom Burgwald gelegene Tal der Wetschaft wurde zwischen 750 und 300 v.Chr. von Kelten besiedelt. Der Christenberg (Kesterburg) war ein keltischer Fürstensitz und Fliehburg zugleich. Seit dem Jahr 469 n.Chr. gehörten die Chatten zum Reich der Franken und im 7.Jahrhundert wurde auf dem Christenberg eine neue karolingische Festungsanlage gegen die Sachsen errichtet. Wallanlagen aus dieser Zeit sind heute noch erkennbar. Nach dem Ende der Sachsenkriege war der Christenberg hauptsächlich als kirchliches Zentrum von Bedeutung. Sehenswert sind die romanische Martinskirche aus dem 11. Jahrhundert, Mauerreste der Keltenburg sowie einer Karolinger Festung und das Museum im Küsterhaus.

Die Landgrafen von Hessen und die Mainzer Bischöfe

Bis ins hohe Mittelalter galt im Burgwald das Wort der Mainzer Bischöfe. Rauschenberg, Mellnau, Rosenthal und der Christenberg waren ihre Bastionen. So war auch im 13. Jahrhundert Erbauer der Burg Mellnau der Mainzer Erzbischof, der Mellnau als Amöneburger Aussenposten gründete, um von hier aus seine sehr weltlichen Interessen in dieser Region durchzusetzen. Die Burgruine kann besichtigt werden. Heute ist das Wahrzeichen der Burg der weithin sichtbare Bergfried.

Seit 1400 aber rückten die Landgrafen von Hessen vor. Frankenberg wurde schon 1233 vom thüringer Landgrafen gegründet. Jetzt wurde in Wolkersdorf das Turmhaus zu einem prächtigen Wasser- und Jagdschloss umgebaut. Ab 1464 besassen die Hessischen Landgrafen das alleinige Jagdrecht im Burgwald. Das Jagdschloss Wolkersdorf wurde zwischen 1481-84 und das Jagdschloss Bracht 1744 erbaut. Beide Schlösser wurden mit dem „Herrenweg" mitten durch den Burgwald verbunden. Besondere Sorgfalt verwendeten die Landgrafen an die Jagd. Oft weilten sie für Wochen mit fürstlichen Gästen in Wolkersdorf. Die höfische Jagd war eine standesgemässe Freizeitbeschäftigung. Für die Jagdgesellschaften wurden Rastpunkte angelegt, die bis heute im Volksmund und als Flurbezeichnungen erhalten geblieben sind. Hierzu gehört der historische Platz „Herrenbänke". Noch bis Ende der 1980er-Jahre präsentierte sich dieser Platz mit einem quadratischen Steintisch und mit zum Teil profilierten Steinbänken. Doch leider wurde die historische Sitzgruppe aus ländgräflicher Zeit Opfer von Diebstählen. Heute geben rustikale Holzbänke und Tische Wanderern und Radfahren Gelegenheit zum Rasten.

Der „Landgrafenborn", eine gefasste Quelle, dient heute der Wasserversorgung der Region. Früher bei landgräflichen Jagden versorgte die Quelle die Jagdgesellschaften mit frischem Wasser, daher auch der Name Landgrafenborn. Der Born wurde von der Forstbehörde später neu gefasst und mit einem Quellenhäuschen versehen.

In den westlichen „Brücher Wiesen", etwa einen Kilometer vom Herrenweg entfernt, befindet sich der „Wolfsturm". Er diente im 16.u.17. Jahrhundert als Schiessstand bei landgräflichen Jagden. Das Mauerwerk von drei Meter Höhe und mit fünf Schiessscharten versehen, trug früher einen steilen mit Schiefer gedeckten Helm. Heute ist die Südseite offen, Verriegelungen für ein Tor sind noch zu erkennen.
Ein weiteres Relikt aus landgräflicher Zeit ist die „Herrenbrücke" (Fürstenbrücke früher genannt) in den östlichen Franzosenwiesen. Ueber diese Brücke führt der Herrenweg, eine alte Verbindungsstrasse zwischen den früheren Jagdschlössern Wolkersdorf und Bracht. Wie eine schnurgerade Linie zieht sich dieser Weg durch den Burgwald, wohl angelegt für schnelle Pferdekutschen der landgräflichen Jagdbegleiter.
In unmittelbarer Nähe der Herrenbrücke standen auf einem Schiessplatz zwei stockwerkhohe steinerne Türme, versehen mit gemauerten Schiesslöchern. Im Jahr 1834 wurde eines dieser Schiesshäuser abgebrochen und dessen Steine für die Restaurierung der Herrenbrücke verwendet. Jahre später erfolgte der Abriss des zweiten Schiesshauses.

Weiter, nächste Seite